Rückblick

34. Pole Poppenspäler Tage 2017

Le Fil de L'Existence ou L'inverse
Volpinex, Frankreich

„Der Faden der Existenz oder umgekehrt“ – ein interessanter Titel für die Puppentheatervorstellung im Rittersaal. Geht es um Marionettentheater? Schließlich sind dabei die Strippen unerlässlich. Nein! Vielmehr nahm Marielle Gautheron vom Theater Volpinex aus Frankreich die Zuschauer mit in ihre Nähstube. Auch hier gibt’s natürlich viele Fäden! Und warum sollte man aus Stoff und Fäden nicht, wie weiland Käthe Kruse, einen Spielgefährten und Gesprächspartner herstellen. Nun hatte die Puppe, die da während der Vorstellung unter den Händen von Marielle Gautheron entstand natürlich nichts mit den zauberhaften Geschöpfen Kruses zu tun. Es war eher ein nachlässig erstelltes Wesen, das aber mit seinen zwei großen Augen, Kopf und Körper durchaus als Puppe zu identifizieren war. Was ist da alles möglich! Was haben wir da als Kinder alles erleben können! Eine Puppe quengelte nur, wenn wir es uns ausdachten und selbstverständlich war sie auch ruhig, wenn wir es müde waren, sie zu beruhigen. Sie begleitete uns zu jedem Ort, war meistens etwas schüchterner als wir oder konnte ungestraft das große Wort führen – in unserer Phantasie war alles möglich. Doch die Figur auf der Bühne beginnt zu denken! Während die (lebendige) Künstlerin auf der Bühne während der ganzen Vorstellung kein Wort verliert, informiert uns eine monotone Stimme aus dem Off über die Gedankengänge der entstehenden Figur. Ein kompletter Perspektivwechsel also und eine Bestätigung für alle, die immer schon dachten, dass ihr Spielzeug nur scheinbar leblos sei. Und was kann eine Figur so denken? Vielerlei – in diesem Fall dachte die Figur, dank der Übersetzung des Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Gesellschaft Husum, sogar in deutscher Sprache u.a. darüber nach, wer nun eigentlich wen beeinflusst. Und so wurde der Zuschauer mit der Frage entlassen, ob wir von Material umgeben sind, das wir nur scheinbar beherrschen. Somebody is watching you!