Rückblick

34. Pole Poppenspäler Tage 2017

Führung durch die Aussstellung „Begegnung in Husum“
Dr. Astrid Fülbier

Erstmals in seiner fast 25-jährigen Geschichte war das ehrenamtlich geführte Poppenspäler Museum eingeladen, Exponate aus den eigenen Beständen in der Dachgalerie des Schlosses vor Husum zu präsentieren. In Kooperation mit dem Museumsverbund Nordfriesland und mit zusätzlichen Leihgaben von Musikinstrumenten (und eines Cempala sowie einer Öllampe in Gestalt eines Garuda) aus dem TheaterFigurenMuseum Lübeck war die Ausstellung vom 17. September bis 29. Oktober zu sehen. Sie wurde u.a. von der Aufführung eines indonesischen Schattentheaters während der Pole Poppenspäler Tage und einem informativen Ausstellungsflyer begleitet. Der Impuls für die Einladung war die Schenkung des langjährigen Sekretärs der Theodor-Storm-Gesellschaft, Dr. Gerd Eversberg. Seit 2014 gehört die „Sammlung Annette und Dr. Gerd Eversberg“ zu den Beständen des Poppenspäler Museum. Seither wurde sie katalogisiert und fotografiert. Nun sollte sie erstmals nach der Schenkung in größerem Umfang der Öffentlichkeit präsentiert werden. Unter dem Titel „Begegnung in Husum. Ein Festival verbindet Spieler und Sammler“ wurden darüber hinaus große Teile des Gesamtwerkes des Weimeraner Puppenspielers Günter Gerlach gezeigt. Tatsächlich sind beide Persönlichkeiten im Festivalprogramm der Pole Poppenspäler Tage von 1990 verzeichnet. Dr. Gerd Eversberg war damals Leiter einer Arbeitsgruppe der Husumer Hermann-Tast-Schule, die „Wilhelm Tell“ nach Schiller als Papiertheater zur Aufführung brachte, Günter Gerlach zeigte „Margarethe“ nach Charles Gounod. Die fast 300 qm Ausstellungsfläche der langgestreckten Dachgalerie zerfiel in zwei Teile, deren verbindendes Element, wie im Ausstellungtitel angekündigt, das Internationale Figurentheater Festival „Pole Poppenspäler Tage“ in Husum war. Wandte sich der Besucher am Eingang der Dachgalerie nach links verwies als erstes ein Plakat von Jürgen Maaßen aus den 1980er Jahren zu einer „Faust“ Aufführung des Hohenloher Figurentheaters während des Festivals 2005 auf das Interesse Eversbergs an diesem Stoff. Immerhin trägt seine Promotion, die 1988 veröffentlicht wurde, den Titel: „Doctor Johann Faust. Die dramatische Gestaltung der Faustsage von Marlowes Doktor Faustus bis zum Puppenspiel“. Den Beginn des puppenspielerischen Interesses Eversbergs markierte eine Gruppe Hohnsteiner Handpuppen aus seiner Zeit als Seminarleiter in Wuppertal. Diese Figuren gehören bereits seit Mitte der 1990er Jahre zum Sammlungsbestand des Poppenspäler Museum. Während der Wuppertaler Zeit konnte Eversberg darüber hinaus von der Bühne Hans Scheu 35 Handpuppen, überwiegend aus dem Frühwerk von F.H. Bross erwerben, von denen einige aus dem „Faust“-Satz, sowie aus vier Märchen in der Ausstellung zu sehen waren. Informationen zu F.H. Bross und zur Bühne Hans Scheu ergänzten diesen „deutschen Teil“ der Ausstellung. Im „asiatischen Teil“ konnte man vielfädige burmesische Marionetten ebenso sehen, wie einfache indische Fadenmarionetten. Auch hier gab es Hinweise auf die Pole Poppenspäler Tage: 2011 trat eine Bühne aus Myanmar im Festival auf, 2014 ein Ensemble aus Indien. Abschließend widmete sich die Präsentation dem indonesischen Wayang in drei seiner Erscheinungsformen: Wayang Kulit, Wayang Klitik und Wayang Golek. Im Katalog „Ombres Chinoises“ von 1992, dessen Mitautor Eversberg war, wurde dargelegt, dass es möglicherweise eine Entwicklung von der Schemenfigur aus Kuhhaut über die Flachfigur aus Holz zur rundplastischen Figur gegeben haben könnte. Dies lässt sich anhand der „Sammlung Annette und Dr. Gerd Eversberg“ nachvollziehen. Detailaufnahmen von Figuren konzentrierten darüber hinaus den Blick auf die üppige Bemalung und die fein ausgearbeiteten Reliefs von Einzelfiguren. Diese Fotos wurden durch die museale Sammlungserfassung im Rahmen des digiCULT-Verbund möglich. Einige besonders schöne Wayang Klitik Figuren wurden, nicht ganz passend, begleitet von einem Kapitel aus den Wayang Liedern des Dichters Noto Soeroto, die sich dem Wayang Kulit widmen. Abgerundet wurde dieser Teil der Ausstellung durch einige Klangkörper, die typisch für ein Gamelanorchester sind. Wandte sich der Besucher am Eingang der Dachgalerie nach rechts ging es auf die (Erinnerungs-) Reise durch das Gesamtwerk des 1991 verstorbenen Weimeraner Puppenspielers Günter Gerlach. Mit Unterstützung von Susanne Gerlach hatte der Pole Poppenspäler Förderkreis e.V. bereits 2001 und 2009 Sonderausstellungen zum Gesamtwerk Günter Gerlachs gestalten können. Susanne Gerlach war auch diesmal im Vorfeld der Ausstellung beratend tätig. Für die Einrichtung der Bühnen in diesem Teil der Ausstellung hatte der Pole Poppenspäler Förderkreis e.V. Arne Bustorff engagiert. Günter Gerlach hatte als seine besondere Aufführungsform das Bauchladentheater gefunden, u.a. weil er mit dem Theater zu Menschen gehen wollte, die selber nicht mehr ins Theater gehen konnten. Bis zu seinem Tod war er mehrfach in Husum aufgetreten. Einige seiner Bühnen gehören als Dauerleihgaben zum Bestand des Poppenspäler Museum, darunter die erste Bauchladenbühne, in der er „Rotkäppchen“ und „Der Wolf und die sieben Geißlein“ inszenierte. Den Weg vom (Kinder-) Buch zur Inszenierung beschrieb Gerlach eindrücklich in dem schmalen Heft „Bauchladentheater. Ein Puppenspiel zum Selberbauen“ der Reihe „Bunte Kiste“ des Altberliner Verlages. Das dort vorgestellte „Pfefferchen“ war in Husum in der Ausführung des Berufstheaters Günter Gerlach visualisiert. Der Künstler verpflichtete für die Ausstattung seiner Inszenierungen u.a. Barbara und Günter Weinhold sowie Christian Werdin. In der Ausstellung gab es eine Wiederbegegnung mit den Marionetten zu „Der Absturz oder Der kleine Prinz“ aus der Werkstatt von Barbara und Günter Weinhold, die Gerlach seinerzeit auf einer Plexiglasdrehbühne gespielt hatte. Die Marionetten von Werdin zu „Die Entführung aus dem Serail“ waren in den vergangenen Jahren Teil der Dauerausstellung des Poppenspäler Museum und hatten für die Ausstellung vorübergehend ihren Platz gewechselt. Die Lebensläufe der Figurengestalter und Hinweise auf das Erscheinen ihrer Geschöpfe in anderen Aufführungen während der Pole Poppenspäler Tage ergänzten diesen Teil der Ausstellung. Die Adaption von Musik nahm im Gesamtwerk Günter Gerlachs breiten Raum ein. Dies fand seinen Wiederhall in der Ausstellung der Rundbühne zu „Peter und der Wolf“, sowie des Tischtheaters „Die Schöne und das Tier“ und der Bauchladenbühne „Die Entführung aus dem Serail“. Bei den beiden letztgenannten waren nach langer Zeit auch die schön gemalten Kulissen der verschiedenen Szenen wie eigenständige Gemälde hervorgehoben. In der Präsentation ergänzten sich die Kenntnisse eines erfahrenen Ausstellungsmachers (Dr. Uwe Haupenthal vom Museumsverbund Nordfriesland), der Blick eines Figurenbauers und Spielers (Arne Bustorff unterstützt von Anja Kilian) und Fachwissen zur regionalen und überregionalen Geschichte des Figurentheaters (Dr. Astrid Fülbier) aufs Erfreulichste. Es war eine sehenswerte und gut besuchte Ausstellung, die einerseits die klassische Vielfalt des Genres aufzeigte und andererseits den einzelnen Exponaten in der besonderen Atmosphäre der Dachgalerie im Schloss vor Husum Raum zur Entfaltung bot.