Rückblick

34. Pole Poppenspäler Tage 2017

Lieber Martin
Theatrium Steinau, Steinau an der Straße

Der Saal ist gefüllt mit Kindern aus Kindergärten und der Grundschule. Es dauert bis alle ihren Platz gefunden haben und Ruhe einkehrt. Werden sie dem Spiel über Martin Luther aufmerksam folgen? Auf der Bühne steht ein Tisch, im Hintergrund eine schwarze Tuchwand, eine Kulisse, senkrecht im Tisch verankert, mit einer gemalten Stadt ist zu sehen. Dann tritt der Spieler Wolf-Dieter Gööck auf - groß, präsent, und begrüßt die Kinder mit dunkler Stimme und erzählt ihnen, dass Straßen, Plätze und Gebäude nach Martin Luther benannt sind. Dann muss das doch ein berühmter Mann gewesen sein? Von diesem Martin Luther will er berichten. Doch kaum hat er begonnen, flattert Emanuel Morgenstern, eine Fledermaus, heran. Dieses flatternde Etwas an einer dünnen Stange mischt sich ein und übernimmt die Rolle des Erzählers. Schließlich hat sie oben in der Schlosskirche zu Wittenberg lange Jahre gewohnt und kennt diesen Mönch Martin Luther am besten. Sofort sind die Kinder von der Geschichte gefangen! Alle schauen zur Bühne und verfolgen das Geschehen aufmerksam. Als plötzlich das Licht zu flackern beginnt, bringt es weder die Kinder noch den Spieler aus dem Konzept. Da zeigt sich Erfahrung und Routine! Holzfiguren verkörpern Martin Luther, Stadträte, seine Eltern, seinen Gegner Tetzel oder seine Freunde und die Leute der mittelalterlichen Stadt Wittenberg. Der Wechsel der Szenerien wird angezeigt durch eine jeweils andere mit kräftigen Farben bemalte Kulisse, wie z.B. eine einfache Mönchsstube, die Schlosskirche mit Marktplatz oder eine Wald- und Wiesenlandschaft. In kurzen einfachen Dialogen erfahren die jungen Zuschauer, wer Martin Luther war, dass er gegen den Ablasshandel war, sich für eine Erneuerung der Kirche einsetzte und die Bibel übersetzte. Aber auch, dass manche Menschen ihn nicht verstanden. Immer wieder unterbrochen werden die Szenen mit den steifen Holzfiguren durch die quirlige Fledermaus. Sie ist Gegenspielerin, Besserwisserin und weise Philosophin, welche der Geschichte die Würze gibt und sie nicht zu einem langweiligen Lehrstück werden lässt. Ganz nebenbei hören und bekommen die Zuschauer eine Idee von Begriffen, wie Reformation, Ablasshandel, Thesenanschlag und Gottvertrauen und wieso ein Tintenklecks an die Wand von Luthers Stube kommt. Lieber Martin, das Stück hätte dir gefallen. Deine Ideen und die mittelalterliche Welt werden kindgerecht umgesetzt. Ohne viel Firlefanz liegt der Fokus auf dir als Reformator. Klar strukturiert, eindeutig in der Darstellung, reduziert auf das Wesentliche im Spiel als auch in der Ausstattung, ist „Lieber Martin“ eine Hör- und Augenweide. Das Zuschauen machte einfach Freude! B. Empen