33. Pole Poppenspäler Tage 2016
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster sprang und verschwand
Theatrium Figurentheater, Dresden
Ein Bestseller, ein erfolgreicher Film mit ambivalenter Kritik, ein Hörspiel mit prominenter Besetzung und nun â ein Figurentheater. Detlef-A. Heinichen, quasi abonniert auf groÃe Werke der Weltliteratur, inszenierte den absurden Debütroman des schwedischen Autors Jonas Jonasson. Dabei hatte er nach langer Zeit wieder einmal einen Mitspieler: Wolf-Dieter Gööck von der Serkowitzer Volksoper. Ort der Handlung: ein Steg an dem sich zwei Angler, ein Staatsanwalt und ein pensionierter Polizist, für ihr Freizeitvergnügen regelmäÃig treffen. Dem einen lässt ein noch offener Fall keine Ruhe, der andere kann Hintergrundinformationen geben, die in den Akten bestenfalls zwischen den Zeilen stehen. Man könnte auch darüber philosophieren, ob einem hier Anglerlatein serviert wird, wenn die beiden die "dicken Fische", Persönlichkeiten der Weltgeschichte, an der Angel haben. Und so ziehen die Stationen der Romanhandlung am Zuschauer vorbei: wie Allan Karlsson sich entschlieÃt, kurz vor der Feier anlässlich seines 100sten Geburtstags aus dem Altenheim zu fliehen, wie er den jungen Mann trifft, der ihm den Geldkoffer anvertraut, warum er nur bis in das Kaff kommt in dem der (erst siebzigjährige) Gelegenheitsdieb Julius Jonsson lebt, mit dem er in der Folge die absurdesten Situationen meistert. Die sind aber letztlich auch nur ein Spiegel eines Lebens voller verrückter Wendungen, die Karlsson in die Spitze der Weltpolitik bringen und die nun, eine nach der anderen, seinem neuen Kumpel erzählt. Folgerichtig taucht sein Gesicht in berühmten historischen Fotos, die auf die Leinwand des Bühnenhintergrundes projiziert werden, wie beim Photobombing, immer wieder auf. Und selbstverständlich erzählt Karlsson bevorzugt die "Highlights" â Zeiten, die er in Straflagern oder in Kriegen verbrachte, dienen letztlich nur dazu, dort (fiktive) Menschen kennen zu lernen, die ihn in sein nächstes groÃes Abenteuer begleiten. Dabei macht er eigentlich immer nur, wozu es ihn drängt: mit Sprengstoffen experimentieren, Brücken, StraÃen und Häuser in die Luft sprengen.
Anhand der Akten wandert der Zuschauer von Episode zu Episode dieses Lebens, die mit der Ausstattung von Coco Ruch in Szene gesetzt werden. Parallel dazu wird die aktuelle, letzte verrückte Geschichte der Flucht aus dem Altenheim mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, erzählt. Die "schräge Musik" zwischen den einzelnen Episoden, Detlef-A. Heinichen Gesang und Posaune, Wolf-Dieter Gööck Gesang und Schlagzeug, rundete diesen mit viel Beifall bedachten Premierenabend am Ende der 33. Pole Poppenspäler Tage zusätzlich ab.