Rückblick

31. Pole Poppenspäler Tage 2014

Eröffnung Teil 2:
Orest

babelart, Gmunden
Österreich

Was haben uns die alten griechischen Sagen noch zu sagen? Agamemnon, Mykene, Achilles, Troja. Kraftvoll und gekonnt richtet Manfredi Siragusa vor dem inneren Auge des Betrachters Bildkulissen auf, die an Monumentalstreifen wie Ben Hur erinnern. Und das alles mit den Versatzstücken eines konventionellen Badezimmers. Orest: Ein Kamm, das heißt, eigentlich sogar derer gleich zwei, denn um die blutrünstigen Ränkespiele am Hofe zu überleben, flieht der junge Thronfolger und kehrt erst als Erwachsener nach Mykene zurück. Klytaimnestra: Agamemnons hinterhältig erstohlenes Weib – ein scharfes Rasiermesser und der König – ein ständig schäumender Pinsel. Weniger, aber zugleich anspielungsreicher geht es nicht. Und wie es Siragusa gelingt, diese inspirationslosen Alltagsgegenstände zu Trägern einer hochdramatischen Handlung zu machen, das ist größeres Kino als Ben Hur. Aber warum dieser ganze Wahnsinn im Badezimmer? - ausgerechnet im Badezimmer? Orest erzählt seine Geschichte dort, wo sein Vater ermordet wurde. Ein guter Ort für so etwas. Immerhin lassen auch wir dort – wenigstens einmal pro Tag – die Hosen herunter. Da scheint die Frage, was Mykene und Troja mit uns zu tun haben, nicht mehr ganz so jenseitig weg wie im täglichen Einerlei.
Rüdiger Otto Von Brocken (Husumer Nachrichten vom 15.09.2014)