25. Pole Poppenspäler Tage 2008
Glanzlichter aus 20 Jahren
Figurentheater Raphael Mürle, Pforzheim
Raphael Mürle zeigte Ausschnitte aus seinen Marionettenprogrammen "Szenen mit Marionetten", "Coctails" und "Gesänge der Wale" sowie aus seinem aktuellen Programm "Rockröhren".
Beim Anschauen der turbulenten, teils urkomischen oder melancholisch-ironisch eingefärbten Szenen wurde uns wieder einmal klar, dass ein wirkliches Versäumnis in unserem Leben darin besteht, nicht alle Stücke von Raphael Mürle gesehen zu haben. Ob Pappröhrenpuppe oder filigrane Marionette, Mürle gelang es, den Figuren nicht nur Leben einzuhauchen, sondern ihnen eine wirkliche Präsenz als Person zu geben. Gerührt, amüsiert oder von Ehrfurcht erfasst, erschien es dem Zuschauer, als sei er mit jeder Figur einer großen Künstlerpersönlichkeit begegnet. Große Gestalten der Musikwelt schlugen uns in ihren Bann: wunderbar jazzig und lässig Louis Armstrong, virtuos der extravagante Pianist, ein künstlerisch absorbierter Saxophonist, Udo Lindenberg in Gestalt eines sentimental melancholischen Halbhundes, oder einer verfreakten und sexy Christina Aguillera als grilligem Insekt, das Lady Marmalade zum Besten gab
Auch die gezeigten Highlights aus seinem aktuellen Programm Rockröhren, das besondere, einfühlsame Frauenstimmen aus Blues, Soul und Rock in den Vordergrund rückte, erweckten den Eindruck, große Diven hautnah erlebt zu haben: Mürle präsentierte Marla Glen, Macy Gray, Nina Hagen und Co. als unverwechselbare, nicht selten spleenige Persönlichkeiten auf eine liebevoll parodistische Art und Weise.
Mürles virtuose Marionettenführung, die er teilweise auch auf der Bühne erläuterte, sowie sein feinsinniger Humor kamen zudem wunderbar bei den ergänzenden Tierszenen, wie dem schwimmenden Tanz des Walskeletts und dem völlig übermüdetem Vogelwesen, zur Geltung. Der arme Vogel konnte es immer wieder nicht fassen, wie gnadenlos ihn sein Wecker aus seiner Schlafkiste und Umgebung aufstörte wer würde sich nicht beim morgendlichen Aufstehen in den kommenden, dunklen Wintermonaten in Erinnerung an diese Szene trösten
Wir danken Raphael Mürle für diesen wunderschönen Abend!
Nicola Fischbach und Astrid Berger