25. Pole Poppenspäler Tage 2008
Heute: Genoveva
Ambrella Figurentheater, Hamburg
"Heute Genoveva!" Das Eröffnungsstück der 25. Pole Poppenspäler Tage führte direkt in die Geschichte des sächsischen Wandermarionettentheaters. Früh schon gab es in Sachsen nicht nur zeitweilige Ausschänke für Bier, sondern richtige Dorfgasthöfe - unten war der Bierausschank und oben ein Festsaal. Und dort konnten die Wandermarionettentheater für ihr prunkliebendes Publikum ein opulent barock gestalteten Theater aufbauen - wobei prächtig auch groß bedeutete. So erreichten die Marionetten Größen von 1,20 m und ein Gewicht von bis zu 12 Kilo. Drei bis sechs Wochen blieb so eine Bühne und gab an vier Tagen in der Woche Vorstellungen. Logisch, dass sie über ein großes Repertoire verfügen musste. Natürlich konnte sie nicht für jedes der 50 Stücke eigenes dafür gestaltete Figuren mitführen. Die Marionettenkörper wurden entsprechen dem Stück kostümiert und erhielten einen Kopf, der für Körper, Kostüm und Stück passend war.
Heike Klockmeier erzählte die Geschichte der sächsischen Marionettentheater humorvoll und lebendig. Eine Demonstration, wie so eine Figur umgestaltet wurde, gehörte ebenso dazu wie gekonnt dargebotene Szenenfolgen des Bajazzo mit den wunderbaren, von Jürgen Maaßen gestalten Figuren.
Klassische Stücke wurden für das Publikum verändert - "wesentlich verbessert". Ein Prinzipal sah sich ein Stück einmal an, und merkte sich soviel er konnte. Dann fielen schon mal die langweiligen Stellen aus. Dann sah er es sich ein zweites mal an - danach wußte er, wo er dramatische Elemente verstärken und komische Momente einfügen wollte. Schließlich gehörte zu einer guten Unterhaltung Weinen und Lachen!
Neben dem klassischen Repertoire widmeten sich die Bühnen aber auch dramatischen Tagesthemen und "verbesserten sie wesentlich" für ihr Publikum. Die Geschichte der Grete Beyer zum Beispiel. Als Mörderin angeklagt, wurde sie auf den Bühnen des Wandermarionettentheaters zu einer Heldin, für die man Partei ergreifen musste, und die freigesprochen gehörte. Was nicht geschah. Als Beyer zum Tod durch das Fallbeil verurteilt wurde, gestalteten die Prinzipale ihr Erfolgsstück um, wobei es sehr schnell das Verbot durch die Obrigkeit gab, die Hinrichtung auf der Bühne zu zeigen.
Genoveva gab es natürlich auch - gezeigt auf einer Bühne von der Größe eines Papiertheaters und dem Originaltext einer historischen Aufführung gesprochen in breitem sächsisch Dialekt waren ausgesprochen erheiternd "wesentlich verbessert".
Und zum Schluss: Hamlet. Mit Kasper und Gretel als Stargästen. Schließlich träumten diese als Komödianten abgestempelten Figuren immer schon davon, endlich einmal in einer tragischen Rolle zu brillieren!
Ein absolut erheiternder und gelungener Auftakt dieses besonderen Festivals - da waren die Ehrengäste, der Landrat des Kreises Nordfriesland, Dieter Harrsen, und der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Husum, Lothar Pletowski, ganz der Meinung des begeisterten Publikums.