Rungholts Ehre

Kobalt Figurentheater, Lübeck

Bei dem Namen „Rungholt“ denken Nordfriesen naturgemäß sofort an die Siedlung, die bei der großen Mandränke 1362 unterging.
Das Figurentheater dieses Abends war immerhin im 14. Jahrhundert angesiedelt und zwar in Lübeck – also auf der anderen Seite Schleswig-Holsteins. Um Handel, Schiffe und die Ordnung in der mittelalterlichen Gesellschaft ging es auch. Es basierte auf dem Debütroman „Rungholts Ehre“ von Derek Meister. Und hier wählte der eben den Namen Rungholt für die Hauptfigur: einen Lübecker Patrizier, aufbrausend, stur, hoch intelligent und offenbar auch mit Neugier bzw. detektivischem Spürsinn ausgestattet. Den braucht er auch, um die Unschuld seines Mündels Daniel zu beweisen. Der wird wegen Mordes an einem Fremden angeklagt. Damit geht es auch um Rungholts Ehre. Schließlich möchte niemand Vormund eines Mörders sein.
Mit „Rungholts Ehre“ inszeniert das Figurentheater Lübeck nach „Die Kogge der Gestrandeten“ bereits das zweite Stück mit mittelalterlichem Sujet. Für die Figurengestaltung zeichnete diesmal die tschechische Figurendesignerin Michaela Bartonova verantwortlich, mit der die Bühne seit Jahren zusammenarbeitet und deren Geschöpfe die Husumer Festivalbesucher auch im Poppenspäler Museum bewundern können. Die scharfkantigen Lindenholzköpfe entfalten im Spiel eine große theatralische Wirkung. In scharfem Gegensatz dazu stehen die Flachfiguren des Rates, dem auch die Rolle der etwas blass-verhalten und unentschlossen agierenden Institution zufällt.
Wie Rungholt am Ende nicht nur den wahren Mörder stellen kann, sondern auch noch den Grund für den Untergang bzw. das Verschwinden lübscher Handelsschiffe herausfindet, wird in dem über zweistündigen Spiel abwechslungsreich und spannend geschildert.