Figurentheater Ginganz, Meensen
Der Titel dieses Klassikers von Samuel Beckett ist längst zum geflügelten Wort geworden, wenn es darum geht, scheinbar vergebliches, endloses Warten auf den Punkt zu bringen. Ein Theaterstück mit unendlich viel Text und ohne wirkliche Handlung angesiedelt irgendwo und nirgends. Mechthild und Michael Stemmler vom Figurentheater Gingganz gelang es immer wieder aufs Neue, die Schattierungen des Textes in Bilder umzusetzen.
Hier brauchte es keinen „wirklichen Baum“, der zum Galgen werden könnte. Die Trostlosigkeit des Ortes widerspiegelte sich in der Wellpappe der Bühne und in dem einzigen Blatt, das dieser „Bühnenbaum“ hat. In der Szene agierten die beiden knorrig geschnitzten Charakterköpfe von Wladimir und Estragon. Wie groß und voll kann ein einziger Schuh am Fuß eines abgerissenen Landstreichers sein! Die Handlung wurde durch Geräusche weiter pointiert, doch (an dieser Stelle erfreulicherweise) nicht durch Gerüche – auch wenn diese mit Worten und Reaktionen der Charaktere eindrucksvoll ins Bild gesetzt wurden.
Pozzo trat mal als Schauspieler mit Maske, dann wieder als geschnitzte Figur vor das Publikum und konnte so durch die Veränderung der Größe ein weiteres Bedeutungsmoment visualisieren.
Für alle, die den Ausgangspunkt des geflügelten Wortes kennen lernen wollten, geriet das Spiel zu einer unterhaltsamen literarischen Reise und die, die das Theaterstück bereits kannten, konnten neue Einblicke gewinnen.
Insgesamt war es eine gelungene Premiere: im 35. Festivaljahr gab es erstmals einen Auftakt der Pole Poppenspäler Tage in Kiel. Und welcher Ort hätte hier passender für eine Stück Literaturgeschichte sein können, als die Landesbibliothek?